01 Einführung in das System
Im Rahmen zunehmender haftungsrechtlicher Auseinandersetzungen zwischen Patienten und Zahnärzten sehen sich die betroffenen Zahnärzte häufig dem sogenannten Behandlungsfehlervorwurf ausgesetzt, bei dem der Patient eine angeblich nicht fachgerechte und schadensbringende Versorgung beklagt.
Aber auch bei einer medizinisch indizierten und in jeglicher Hinsicht den Regeln der zahnärztlichen Heilkunde entsprechenden Behandlung kann eine Haftung des Zahnarztes in Betracht kommen, wenn der Zahnarzt nicht oder nicht ordnungsgemäß über den Eingriff aufgeklärt hat und sich ein eingriffsimmanentes Risiko verwirklicht hat. Schadensersatzansprüche eines Patienten können sich also auch in einer fehlerhaften Aufklärung begründen.
Gerade mit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26.02.2013 sind die Voraussetzungen, die an eine ordnungsgemäße Patienteninformation und -aufklärung, Patienteneinwilligung und Dokumentation zu stellen sind, nunmehr auch gesetzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niedergelegt worden. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Patientenrechtgesetzes eine höhere Rechtetransparenz für die Patientenseite schaffen wollen, da bisher der Bereich des (zahn-)ärztlichen Haftungsrechtes im Wesentlich richterrechtlich geprägt war.
Dieses Aufklärungssystem soll Ihnen einen Überblick über die Bedeutung der zahnärztlichen Aufklärung und der an sie zu stellenden Anforderungen verschaffen und Ihnen Hilfestellungen und Arbeitserleichterungen bei der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Pflichten zur Aufklärung geben.
Die Notwendigkeit und grundsätzlichen Hintergründe zur Aufklärungspflicht sind Ihnen selbstverständlich bekannt. Im hektischen Arbeitsalltag geraten, insbesondere bei Zeitdruck, aber gewisse Dinge häufig in Vergessenheit bzw. ihnen wird nicht mehr die notwendige Bedeutung zu teil.
Zur Arbeitserleichterung und gegebenenfalls auch Zeiteinsparung sind diesem System eine Vielzahl von Aufklärungsformularen beigefügt, die gängige Behandlungen beinhalten. Diese Aufklärungsformulare stellen eine Hilfestellung bei der Aufklärung dar, ersetzen die Pflicht zur mündlichen Aufklärung jedoch nicht. Die zahnärztliche Verpflichtung zur regelmäßigen Fortbildung, die auch die Verpflichtung beinhaltet, aufklärungsbedürftige Gesichtspunkte nach dem neuesten Stand der zahnärztlichen Heilkunst zu kennen und in der Praxis zu beachten, bleibt selbstverständlich auch bei der Benutzung von vorgefertigten Aufklärungsbögen bestehen. Im Bedarfsfalle müssen individuelle Ergänzungen aufklärungsrelevanter Punkte in den Formularen vorgenommen werden.
Die Bögen können dem Patienten im Vorfeld eines Aufklärungsgespräches zur Vorabinformation zur Verfügung gestellt werden, wobei aber auch in diesem Fall die Durchführung eines Aufklärungsgespräches noch zwingend bestehen bleibt. Gerade vor größeren Eingriffen dürfte es sich empfehlen, dem Patienten ein Aufklärungsformular zur Lektüre und Vorbereitung des Aufklärungsgespräches mit nach Hause zu geben. Zu beachten ist dabei aber, dass für die Frage, ob die Aufklärung rechtzeitig und ordnungsgemäß erfolgte, (genaueres hierzu lesen Sie in der folgenden Abhandlung) der Zeitpunkt der mündlichen Aufklärung durch den Zahnarzt maßgeblich ist. Bei kleineren Engriffen, bei denen die Aufklärung im direkten Vorfeld der Behandlung zulässig ist, könnte dem Patienten der Aufklärungsbogen z.B. auch während der Wartezeit zum Lesen zur Verfügung gestellt werden. Es dürfte sich sodann empfehlen, die Aufklärung unter Zuhilfenahme des Aufklärungsbogens durchzuführen. Anhand der im Bogen aufgezeigten Darstellungen lassen sich Art und Verlauf des Eingriffes konkret beschreiben. Der Aufklärungsbogen ist den individuellen Begebenheiten anzupassen. Besonderheiten des Behandlungsfalles sollten vermerkt, einzelne Besprechungspunkte gekennzeichnet werden.
Das System enthält unter anderem auch sogenannte „Kompaktaufklärungsbögen“. Diese Bögen eignen sich besonders im Sinne der Makrodokumentation für kleinere Eingriffe ohne besondere Risikofaktoren oder z.B. auch für wiederholte Eingriffe.
Die Aufklärungsbögen werden Bestandteil der Behandlungsdokumentation und sind sorgsam in dieser aufzubewahren. Eine Kopie des verwendeten Aufklärungsformulars erhält der Patient, was nun auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Es dürfte sich zudem empfehlen, in der Patientenkartei einen kurzen Vermerk unter Hinweis auf den verwendeten Bogen zu fertigen.
Anhand der folgenden Abhandlung möchten wir Ihnen die rechtlichen Hintergründe zum Thema „zahnärztliche Aufklärungspflichten“ verdeutlichen und gegebenenfalls weitergehende Sensibilität für den Umgang mit diesem brisanten Thema im Praxisalltag schaffen. Eine kleine und aktuelle Urteilssammlung, die ebenfalls Bestandteil dieses Systems ist, kann Ihnen die praktische Bedeutung veranschaulichen.