02 Die Pflicht des Zahnarztes zur Aufklärung
2.1 Allgemeine Grundsätze
- Die Pflicht des Arztes zur Aufklärung entspringt dem grundrechtlich abgesicherten Selbstbestimmungsrecht des Patienten, das wiederum seine Begründung in den Grundrechten der körperlichen Unversehrtheit und Menschenwürde findet. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass niemand eine andere Person, geschweige denn gegen ihren Willen, in ihrer körperlichen Integrität beeinträchtigen darf!
- Dieser Grundsatz hat weitreichende Auswirkungen auf die (zahn-)ärztlichen Pflichten im Umgang und insbesondere auf die Kommunikation mit dem Patienten.
- Rein juristisch stellt jeder medizinische Eingriff zunächst objektiv tatbestandlich eine Körperverletzung dar, unabhängig davon ob eine therapeutische oder diagnostische Maßnahme lege artis (= nach den Regeln der ärztlichen Kunst) durchgeführt wurde. Diese tatbestandliche Körperverletzung ist aber dann – natürlich – nicht strafrechtlich relevant, wenn der (zahn-)ärztliche Heileingriff durch die wirksame Einwilligung des Patienten in den Eingriff gerechtfertigt ist.
- Die Aufklärung soll – in einer für den medizinischen Laien verständlichen Weise – dem Patienten eine allgemeine Vorstellung über den Schweregrad der geplanten Behandlung, ihre möglichen Belastungen und Risiken vermitteln. In keiner Weise geht es um die Vermittlung von medizinischem Detailwissen, mit dem der Patient eventuell überfordert wäre. Dem Patienten ist die Richtung der Behandlung zu verdeutlichen, in Form eines allgemeinen Bildes über den Eingriff, der Schwere und Tragweite sowie des Gewichts der Risiken. Anhand der dargelegten Fakten muss der Patient zu einer selbstbestimmten Entscheidung in der Lage sein.
- Das Aufklärungsgespräch hat der behandelnde Zahnarzt grundsätzlich persönlich durchzuführen. Die Aufklärung hat entsprechend mündlich zu erfolgen. Eine Aufforderung zur Selbstinformation durch alleinige Hergabe von Informationsmaterialien oder Aufklärungsformularen an den Patienten ist nicht als ausreichend anzusehen.
- Eine Delegation der Aufklärung auf nicht ärztliches Hilfspersonal ist unzulässig. Eine vom nicht ärztlichen Hilfspersonal durchgeführte Aufklärung ist unwirksam.
- Art und Umfang der Aufklärung sind immer im Verhältnis zur Dringlichkeit der Maßnahme und den Heilungsaussichten des Eingriffs zu werten. Je weniger zeitlich dringlich und medizinisch notwendig bzw. erfolgversprechend ein Eingriff ist, desto höher ist das Maß der Aufklärungspflicht.
2.2 Praxistipps
- Das Aufklärungsgespräch ist ein Gespräch im Sinne eines Dialoges zwischen Zahnarzt und Patient.
- Individuelle und ergänzende Einträge zum Patienten und Behandlungsfall sowie eine Bestätigung des Patienten und gegebenenfalls eines Mitarbeiters zur erfolgten Aufklärung in Formularen können in einer gerichtlichen Auseinandersetzung wesentliche Indizien für eine durchgeführte Aufklärung darstellen.
- Anerkannte Formulare und Dokumentationshilfen erleichtern bzw. unterstützen die Dokumentation der mündlich erfolgten Aufklärung, ersetzen diese aber nicht.
- Anerkannte Formulare können jedoch gute Hilfsmittel und Unterstützung bei der mündlichen Aufklärung sein, da durch die Orientierung an den Formularen ggf. wesentliche aufklärungsbedürftige Punkte nicht vergessen werden. Zu berücksichtigen ist aber immer, dass Aufklärungsformulare nicht auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten sein können. Individuelle Belange sind besonders zu berücksichtigen. Auch können über das Formular hinausgehende Aufklärungen erforderlich werden. Der Zahnarzt hat sich selbstverständlich regelmäßig in diesem Bereich fortzubilden und den Fachstandard zu kennen und zu berücksichtigen und gegebenenfalls verwendete Formulare entsprechend zu ergänzen.
Mit Hilfsmitteln (z. B. Bildern, Zeichnungen, Modellen etc.) kann dem Patienten häufig eine konkretere Vorstellung vermittelt werden.
- Ein vom Patienten unterzeichnetes Aufklärungsformular indiziert in einem gerichtlichen Verfahren die Durchführung eines entsprechenden stattgefundenen Aufklärungsgespräches. Die Praxis der gerichtlichen Auseinandersetzungen zeigt allerdings, dass im Streitfall seitens des Patienten immer wieder vorgetragen wird, er habe zwar das Formular unterzeichnen sollen, ein Gespräch über den Inhalt, also eine mündliche Aufklärung habe aber nicht stattgefunden. Diese nicht seltene Situation unterstreicht die Bedeutung der vorangehend erläuterten Punkte. Auch die Aufklärung, bei der ein Formular unterstützend verwendet wird, hat daher in der Patientenkartei dokumentiert zu werden.
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